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Aus der Seele muss man spielen

Andreas Etlinger

 

 

Er wollte Orgelbauer werden. Als Zweiter Stiftsorganist spielt er nun in St. Florian die Brucknerorgel und unterrichtet am Linzer Diözesankonservatorium. 

 

Sein Kirchenmusikstudium öffnet ihm viele Türen. Der Kirchenmusikbetrieb und Zweifel an seinen Fähigkeiten stürzen Andreas Etlinger jedoch in die Krise. Eine unverhoffte Chance ergreift er für den beruflichen Wiedereinstieg. In Aschach an der Steyr aufgewachsen, ist er von klein auf von Musik umgeben: Die Eltern singen im Kirchenchor, sein Taufpate spielt Orgel, der Chorleiter wird sein Klavierlehrer. Er will Orgelbauer werden: „Aus Neugier auf das Innenleben.“ Am Linzer Petrinum – die Weichenstellung Richtung Priesterberuf geht auf den Heimatpfarrer zurück – erhält er Orgelunterricht. Ab der sechsten Klasse besucht er das damalige Bruckner-Konservatorium.

 

Die Zeit des Kirchenmusikstudiums in Wien bietet Etlinger reiche Möglichkeiten, in das Berufsfeld hineinzuwachsen: beim Domchor von St. Stephan, dem Arnold Schoenberg Chor, durch Kantoren-, Orgeldienste und Korrepetieren. Im dritten Studienjahr erhält er eine Anstellung als Organist in der Döblinger Pfarre St. Paul. Nach Studienabschluss kann Etlinger ab 1996 als Zweiter Stiftsorganist in St. Florian an der Seite von Augustinus Franz Kropfreiter, einem bedeutenden Orgelkomponisten des 20. Jahrhunderts, Kirchenerfahrungen sammeln. „Damals stehen viele Türen offen, aber mein Lebensweg zeichnet sich auch durch Abzweigungen aus – Zweifel an mir und meinen Fähigkeiten.“ Diese „menschlichen Holprigkeiten, wo man hofft, dass Gott auf den krummen Zeilen gerade schreiben kann“, verbinden ihn u. a. mit seinem berühmten Vorgänger in St. Florian, Anton Bruckner.

 

Radikaler Bruch

Etlinger leidet unter dem Kirchenmusikbetrieb. Nach drei Jahren kündigt er. „Nie wieder Kirchenmusik!“ In dieser Umbruchphase pilgert er von St. Florian nach Santiago – eine prägende Erfahrung. Arbeitslosigkeit folgt: „Man ist schwer vermittelbar, wenn man als Kirchenmusiker etwas anderes machen will.“ Schließlich findet er eine Portierstelle im Schichtbetrieb. Er erlebt seinen Beruf als Musiker von außen, weiß nicht, wohin sein Weg führen wird.

 

Die Frage nach dem Stellenwert der Musik lässt ihn nicht los: „Es gibt eine Identität, die man nicht streichen kann.“ Neben seiner dreijährigen Portierstätigkeit beginnt er mit Notensatzprojekten am Computer. Überraschend bietet ihm sein ehemaliger Döblinger Pfarrer eine Organistenstelle an. Eine schwierige Entscheidungsphase folgt, aber er nützt diese Chance. Seine Notensatzprojekte führt er fort, übernimmt Vertretungen im Stephansdom. Der Wiedereinstieg in seinen Ursprungsberuf glückt.

 

Rückkehr nach St. Florian

Nun arbeitet er seit 2007 wieder als Zweiter Stiftsorganist neben dem Augustiner Chorherrn Klaus Sonnleitner in St. Florian: eine beruflich stabile Phase. Kontakte zum damaligen Organisten und positive Signale der Chorherren haben die Rückkehr ermöglicht. Zu seinen Aufgaben zählen das Spielen von Gottesdiensten, das Korrepetieren bei Chorproben, die Vertretung der Chorleiter, das Erstellen des Liedplans, Orgelvorführungen in Form von Konzerten, aber auch von Führungen an der Brucknerorgel, das Orgelstimmen, Aushilfen in Nachbarpfarren, das Üben. Da St. Florian eine beliebte Hochzeitskirche ist, bemüht er sich, obwohl vorbereitungsintensiv, Brautpaaren auch zeitgeistige Musikwünsche, wie Filmmusiken, zu erfüllen. Etlinger ist sich der Gefahr der Überforderung zu Festzeiten bewusst. Seinen Dienst sieht er „als gewisses Opfer, damit Gottesdienstteilnehmer einen Funken für ihre ,Gemüths-Ergetzung‘ (Bach) geschenkt bekommen können“. Und er brauche auch „Abstand, um nicht in Abstumpfung zu geraten“. 2018 übernimmt er zusätzlich eine Lehrtätigkeit am Linzer Diözesankonservatorium. Seinen reichen Erfahrungsschatz als Kirchenmusiker gibt er gerne weiter.

 

Was Zuhörern zumuten?

Etlinger sieht Kirchenmusiker in einer großen Verantwortung, indem sie im Gottesdienst musizieren. Intensiv beschäftigen ihn Fragen nach der gottesdienstlichen Tonsprache des 20. und 21. Jahrhunderts. Während Mozart überzeugt war, dass „die Musick, auch in der schaudervollsten lage, das ohr niemalen beleidigen, sondern doch dabeÿ vergnügen muß, scheine die neue Musik oft anderer Ansicht zu sein. Schönheit und Gemüths-Ergetzung kämen bisweilen unter die Räder. „Kommt alle her zu mir, die ihr mühselig und beladen seid! Ich will euch erquicken.“ Wenn dieses Zur-Ruhe-Kommen im Gottesdienst durch übertriebene Aktivität oder die Musik gestört sei, verfehle sie ein wichtiges Anliegen. Noach (hebr. Ruhe; vgl. Gen 5,29: „Er wird uns trösten.“) – Ruhe und Trost sind Etlingers Erwartungen an gottesdienstliche Musik: „Ein Mindestmaß an Trost muss gegeben sein.“

 

KirchenmusikerIn

Organisten und Chorleiter engagieren sich überwiegend neben ihrem Hauptberuf kirchenmusikalisch: ehrenamtlich oder gegen ein Honorar pro geleistetem Dienst. Nur wenige Kirchenmusiker verfügen über ein Anstellungsverhältnis. Eine fundierte kirchenmusikalische Ausbildung bieten die diözesanen Konservatorien für Kirchenmusik oder die Musikuniversitäten. Informationen, Ansprechpartner und Serviceleistungen bietet das Portal der katholischen Kirchenmusik: kirchenmusikkommission.at

 

Von Maria Fibich

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